Digitale Transformation: Nur ein neuer Hype?

Ein Beitrag von: TRANSFORM-First® – das Expertennetz für Unternehmenstransformation
Autoren: Dr. Errit Schlossberger und Günter Conrad
Veröffentlicht am 30. August 2015

Digital Transformation: Nur ein neuer Hype?

Digital Transformation: Bedarf erkennen und Erfolgsaussichten der Umsetzung steigern

Die einschlägige Presse überschlägt sich zurzeit mit Meldungen über die Digitale Transformation nach dem Motto: wer nicht transformiert, ist nicht in. Wer diesen Trend nicht aufgreift, muss also etwas verpasst haben oder ist scheinbar dem Untergang geweiht. Ist dieses Phänomen substantiell, einmalig und einzigartig?

 

 

 

Was ist Digital Transformation?

Früher fand die Kommunikation mit Schreibmaschinen und Kohlepapier, Briefen, Telex und Telefon statt. Die Geschwindigkeit dieser Medien der Datenübertragung und ihre sehr begrenzten Volumina sind bekannt. Zusätzlich gab es Grenzkontrollen und Handelsbarrieren in größerem Ausmaß als heute.

Die Führung von Unternehmen, d. h. die Entscheidungsfindung und –durchsetzung unterlagen diesen „Gesetzen der Langsamkeit“. Heute sind Entscheidungen sofort weltweit bekannt, über alle physischen und kulturellen Grenzen hinweg. Und auch die Prozesse in den Unternehmen und im Zusammenspiel mit den Kunden und Lieferanten haben und werden noch eine außergewöhnliche Beschleunigung erfahren.

Entsprechend schnell können sich die Märkte verändern, vielleicht nur noch etwas aufgehalten von der Trägheit des menschlichen Geistes, der sich von alten Gewohnheiten nur schwer trennen kann. Dies ist die Chance von proaktiven und entschlossenen Marktteilnehmern, die so ihre Strategien „sekundenschnell“ umsetzen können und damit ihre Wettbewerber weit hinter sich lassen.

Die damit einhergehenden Veränderungen aller „Spielregeln“ sind von fundamentaler Natur und erfordern den tiefgreifenden und kontinuierlichen Wandel. Entsprechend reden wir von Digital Transformation und meinen damit auch einen Dauerzustand des Wandels.

Die fundamentale Bedeutung der digitalen Komponenten dieser Transformation ist in den letzten Jahren deutlich geworden, ist doch die Informationstechnik in vielen Bereichen des täglichen Lebens der Menschen nicht mehr wegzudenken.

Entsprechend reden wir von Digital Transformation, dem von Informationssystemen ausgelösten tiefgreifenden Wandel. Die Digital Transformation als Phänomen ist vergleichbar mit Naturkräften: entweder man nutzt sie und arrangiert sich, oder man geht unter. Entsprechend beschreiben wir in dieser kleinen Serie, wie Sie mit Digitaler Transformation die Naturkraft der Digitalisierung für den Erfolg des eigenes Unternehmens, ja sogar zum Erreichen oder Behalten der Marktführerschaft, einsetzen.

 

Digital Transformation in der Praxis

  • IKEA ist ein hervorragendes Beispiel für permanentes Streben nach Verbesserung und Veränderung. Es wirbt sogar um neue Mitarbeiter mit Aussagen wie „Wie wär´s mit dem Streben nach permanenter Veränderung – wie wär´s mit IKEA?“.
  • Auch Apple muss sich ständig selbst neu erfinden und die immer wieder drohende Innovationslücke füllen, um erfolgreich zu bleiben. Obwohl Apple schon fast gestrandet wäre, fand mit Steven Jobs wieder eine Rückbesinnung auf die ursprüngliche DNA statt. Auch sein Nachfolger Tim Cook setzt die Tradition mit seiner ihm eigenen Authentizität erfolgreich fort.

Firmen wie IKEA und Apple zeigen, dass Unternehmenstransformation und insbesondere Digital Transformation ein ganz normales, aber auch wesentliches Phänomen für die erfolgreiche Zukunft des Unternehmens sind. In der aktuellen Transformationsstufe steht aufgrund des technologischen Fortschritts und der damit verbundenen Risiken für etablierte Firmen die Digitale Transformation im Vordergrund.

 

Digital Transformation: Impuls 1

Transformation ist normal. Langjährige Marktführer pflegen seit vielen Jahren eine Kultur der permanenten Transformation. Ein ganzheitlicher Veränderungsprozess ist ein evolutionärer, ein ganz natürlicher Prozess.

 

Warum herrscht gerade jetzt so ein Digital Transformation-Fieber vor?

Früher hat eine auf Autopilot gesetzte Strategie über 5 Jahre bei Stromversorgern wie RWE und E.on oder Chemieriesen wie BASF oder Bayer sicher ausgereicht.

Wenn man heute Führungskräfte zum Thema Digital Transformation befragt, wie weit sie glauben, die Zukunft vorhersehen bzw. in die Zukunft planen zu können, werden Zeiträume von maximal 6 Monaten genannt.

  • In einem der sicherlich außergewöhnlichsten Unternehmen der Welt, der brasilianischen Semco-Gruppe, ist schon recht früh aufgefallen, dass Langfristplanungen, die über 6 Monate hinaus gehen, nicht nur enorme Managementkapazitäten binden, sondern dass auch die tatsächlichen Entwicklungen aufgrund der steigenden Volatilität der Märkte in der Regel sehr stark von den Planungen abweichen. Daher findet hier keine strategische Planung mehr statt. Trotzdem generiert das Unternehmen jährlich zweistellige Wachstumsraten.
  • Auch der Allgäuer Spezialist für Ladegurt-Sicherungen und mehrfach ausgezeichnete Arbeitgeber „AllSafe“ hält nichts von zentral vorgegebenen Plänen. Sie geben in der Regel die falsche Orientierung und richten sich nur unzureichend an der Tagesaktualität sowie den sich ständig ändernden und komplexer werdenden Märkten aus. Trotzdem schaffte das Unternehmen damit eine Verzehnfachung der Umsätze und eine Vervierfachung der Gewinne innerhalb 10 Jahren.

 

Neue Wettbewerber sind auf dem Weg zur Digitalen Transformation

Wer weiß schon, welcher neue Wettbewerber morgen auftaucht, an den gestern noch niemand gedacht hatte? Welche Branchengrenzen werden als nächstes verschoben oder beseitigt werden? Es ist nicht nur Amazon, das den Buchhändlern und der Elektronikbranche seit Jahren das Leben schwer macht.

  • Wer hätte gedacht, dass Unternehmen wie AirBnB oder Wimdu die Hotel-Branche angreifen?
  • Uber, drivy und car-sharing-Anbieter attackieren das wohl etablierte Taxigewerbe und die Autovermieter .
  • FinTechs wie ayondo, Kreditech, Seedmatch oder friendsurance greifen die Banken- und Versicherungsbranche an.

 

Digital Transformation: Impuls 2

Aktuell beschleunigen sich die Veränderungsprozesse, was zu höherer Marktdynamik und Handlungsbedarf führt. Oder anders ausgedrückt: Die Naturgewalten sind aktuell stärker. Nutzen Sie den Trend zu Ihren Gunsten und halten Sie sich nicht zu sehr mit Mehrjahresplanungen auf.

 

Verlierer der Digitalen Transformation und die Lösung dagegen

Marktführer stellen sich – heute mehr als je zuvor – permanent selbst in Frage, sonst machen es Andere. Der größte Feind eines Unternehmens ist dabei der Erfolg von gestern. Wer sich auf seinen Lorbeeren ausruht, kann im Abseits stehen noch bevor er reagieren kann. Beispiele wie Kodak oder Blackberry können hier eine Leidensgeschichte erzählen.

  • So stand die Schweizer Uhrenindustrie mit der Einführung der Quarzuhren durch die Japaner vor dem Kollaps. Nicolas Hayek erkannte gerade noch rechtzeitig die Gefahr, erfand die Swatch und gründete die Swatch-Group als Heimat für traditionelle aber geschwächte Marken. Nur durch den Erfolg der Swatch war es möglich, viele etablierte Marken mit Übernahmen zu retten.
  • Nike sorgt durch unzählig viele Patentanmeldungen für Schuhe, Bekleidung oder Sportgeräte dafür, dass Hardware in ganzheitliche proprietäre und spielerische Plattform-Lösungen integriert und die Innovationspipeline im eigenen Haus hoch gehalten werden kann. Damit liegt Nike weit vor der gesamten Konkurrenz. Innovation ist für Nike zum zentralen Wettbewerbsfaktor für Umsatzwachstum und Marktführerschaft geworden.
  • Bei Lego führte eine breite Diversifizierung in neue Produkte wie Uhren, Kinderkleidung und Computerspiele 2004 fast zur Insolvenz. Unter dem neuen CEO Knudstorp beendete Lego die Defokussierung und erfand sich neu, indem es die neue Zielgruppe der Eltern erschloss und mit einem strukturierten Customer Journey Mapping des Bedarfs von Eltern und Kindern neue Erkenntnisse über die tatsächlichen Wertschöpfungsquellen gewann. Lego´s Umsatz steigt seit 10 Jahren jährlich mindestens zweistellig.

 

Digital Transformation: Impuls 3

Nur Unternehmen, die ihr eigenes Geschäftsmodell ständig in Frage stellen und ggf. kreativ zerstören, setzen neue Energien frei. Dazu gehört auch die Bereitschaft, sich selbst durch Strategische Neuausrichtung, Innovationen oder Zukäufe zu kannibalisieren. Sonst laufen sie Gefahr, dass Andere ihre Kunden bedienen.

 

Transformation = Geisteswandel

Na spitze. Das macht nicht unbedingt Mut zur Veränderung. Wenn ich mich als Unter-Nehmer nicht bewege, dann laufe ich Gefahr den Anschluss zu verlieren.

So sind laut einer „Digital Business Readiness“- Studie von Crisp Research 61% der in Deutschland befragten Unternehmen nur passive Mitläufer oder Wandel-Ablehner und noch weit entfernt von Digitaler Transformation.

Kein Wunder, denn diverse Untersuchungen zeigen, dass nur ca. ein Drittel der Unternehmenstransformationen die Erwartungen an Zeit- und Budgetvorgaben erfüllen. Laut Boston Consulting scheitern 75% der Transformationsprojekte aus nicht-technischen Gründen wie z.B. mangelnder Akzeptanz und Kommunikationsproblemen.

Wenn ich mich mutig dem Transformationsdiktat stelle, laufe ich auch Gefahr zu scheitern. Wie lässt sich also das Dilemma vermeiden? Angstmacherei ist hier völlig fehl am Platz. Denn die entscheidende Frage ist, wie Transformationsprojekte mit hoher Wahrscheinlichkeit gelingen können.

 

Digital Transformation: Impuls 4

Wer ingenieurmäßiges Programmanagement einsetzt, erhöht die Chancen für eine erfolgreiche Transformation beträchtlich.

 

Der „Feind“ der Transformation ist nicht in erster Linie im Äußeren sondern im Inneren zu finden, um Änderungen im Außen überhaupt erst wahrnehmen zu können. Aber was heißt im Inneren?

Das Unternehmen sollte zu allererst objektiv prüfen, wie aufgeschlossen und wie präsent die Belegschaft für einen permanenten inneren Wandel ist, um auf äußeren Wandel reagieren oder neue Märkte schaffen zu können.

 

Frage zur Digital Transformation: Ist Ihre Organisation darauf vorbereitet, die Transformation umzusetzen und damit die Wettbewerbsfähigkeit in der Zukunft zu sichern?

Der U.S.-Ökonom österreichischer Herkunft Peter Drucker behauptet zu Recht: „Culture eats strategy for breakfast.“ Wenn überkommene Glaubensmuster, Verhaltensweisen und Werte der Belegschaft den Transformationszielen der Strategie im Wege stehen, läuft der Transformationsprozess Gefahr zu scheitern.

  • Ein Netzwerkpartner erzählte uns kürzlich, dass Vorstand und Aufsichtsrat eines Unternehmens in kürzester Zeit mit ihm die Digitale Transformationsstrategie erarbeitet und ein 10-Punkte Programm aufgesetzt hätten. Doch als es zur Umsetzung kommen sollte, musste der Berater darauf drängen, zuerst grundlegende kulturelle Hausaufgaben zu machen.
  • dm Drogeriemärkte ist ein exzellentes Beispiel für eine unternehmerisch entfesselte und ununterbrochene Entfaltung, wenn die kulturellen Parameter stimmen.

 

Digital Transformation: Impuls 5

Es geht oft auch darum, die Kultur zu verändern, damit eine Kultur des Wandels entsteht, ja sogar eine, die den Wandel kontinuierlich sucht.

 

Linkempfehlungen

 

Erfahren Sie im Teil 2 unserer Serie, welche Voraussetzungen ein Unternehmen erfüllen sollte, bevor es die Umsetzung einer ganzheitlichen Transformationsstrategie angeht.

 

Dieser Beitrag ist Teil der Digital Transformation Serie.